Geburtsbericht von meiner dritten Alleingeburt im Ausland

Geburtsbericht von meiner dritten Alleingeburt im Ausland

Ich kann das Jahr 2022 nicht anders beschrei­ben, als eine wahn­sin­nig auf­re­gen­de und kom­plett stress­freie Zeit für uns. Wir ver­brach­ten den Januar in ver­schie­de­nen  Natio­nal­parks und Ski­ge­bie­ten Koso­vos, den Febru­ar bei unse­ren Fami­li­en und Freun­den in Deutsch­land und kaum zurück im Kosovo, hielt ich im März dann einen posi­ti­ven Schwan­ger­schafts­test in der Hand. Und so star­te­te das nächs­te Aben­teu­er. In mir wuchs wieder ein Mensch heran und ich war so auf­ge­regt und voller Vor­freu­de auf die bevor­ste­hen­de Zeit.

Ende März fingen wir dann an, die alba­ni­sche Rivie­ra zu berei­sen und freu­ten uns über das bereits milde Früh­lings­wet­ter am Meer. Die Sonne, der Strand, das Meer, die pure Natur und dieses unbe­schreib­lich erfül­len­de Gefühl von Frei­heit waren die nächs­ten Monate bis Okto­ber unser treuer Beglei­ter. Ich genoss diese Schwan­ger­schaft unend­lich, und obwohl sich wegen des heißen Som­mer­wet­ters ein paar Kreis­lauf­be­schwer­den und gegen Ende ein paar kleine Weh­weh­chen ein­ge­stellt hatten, emp­fand ich sie als über­wie­gend posi­tiv.

Die Zeit ver­strich so rasant, dass wir schon den errech­ne­ten Geburts­ter­min im Novem­ber erreich­ten. Nun, es ist kein Geheim­nis wenn ich sage, dass das Baby erst dann kommt, wenn es bereit ist. Also wurden wir – mal wieder – auf die Probe gestellt und das Rät­sel­ra­ten bezüg­lich des Geburts­tags ging weiter, denn eigent­lich dach­ten wir alle, unser Baby würde sich schon vor dem errech­ne­ten Termin ankün­di­gen. Zudem hatte ich immer wieder ein paar Übungs­wel­len, aber das ging gefühlt schon ewig so.

NaturKultur

Eines Abends merkte ich, dass sich etwas tat, der Druck nach unten wurde inten­si­ver und ich freute mich sehr, war voller Hoff­nung, dass es end­lich los­ge­hen würde. Ich wollte end­lich mit unse­rem Baby kuscheln und es mit allen Sinnen genie­ßen. Doch es ver­gin­gen wieder einige Tage, an denen ich abends ent­täuscht ins Bett ging, auch wenn ich wusste, es kann nicht mehr lange dauern, denn der Druck wurde von Tag zu Tag immer deut­li­cher. Ich lag tags­über häu­fi­ger im Bett, um zu ent­span­nen und Kraft zu tanken, denn mein großer Bauch beein­träch­tig­te mich in den letz­ten Schwan­ger­schafts­wo­chen sehr. An den letz­ten Nach­mit­ta­gen vor der Geburt nahm mein Mann unsere vier Kinder und besuch­te einen Indoor-Spiel­platz nach dem ande­ren, damit ich mich aus­ru­hen konnte. An einem Frei­tag­abend beim Abend­essen sagte unser Sohn Matteo, der zu dem Zeit­punkt 2 Jahre und 5 Monate alt war, ich solle auf­pas­sen, denn unser Baby kommt gleich. Wir lach­ten alle, weil er es auf so eine süße Art gesagt hat und mich mit seinen großen brau­nen Augen anschau­te und meine Reak­ti­on beob­ach­te­te. Wir mach­ten noch ein paar Scher­ze dar­über, dass er mit unse­rem Baby im Bauch kom­mu­ni­zie­ren würde. Nach dem Essen mach­ten wir unsere Kinder bett­fer­tig und legten sie schla­fen. Zu dem Zeit­punkt wusste ich noch nicht, dass mein klei­ner Sohn da anschei­nend recht gehabt hatte und las noch rich­tig lange in meinen Büchern, anstatt lieber schla­fen zu gehen. Um 23 Uhr schal­te­te ich dann letz­ten Endes das Licht aus und schlief binnen weni­ger Minu­ten ein.

Es war das Ende des fünf­ten Tages nach dem Termin und keine zehn Minu­ten später wurde ich durch ein leich­tes Ziehen geweckt. Auch wenn es nur ein Ziehen war, wel­ches ich auch des Öfte­ren die Tage davor gespürt hatte, wusste ich tief in mir, es ist das Zei­chen, wel­ches mir sagte, es sei end­lich soweit. Und ich bereu­te sofort, nicht schon eher ins Bett gegan­gen zu sein. Ich schlief dann trotz­dem noch­mal weiter und dachte mir, dass jede Minute Schlaf wert­voll und wich­tig für mich sein würde. In der nächs­ten Stunde ver­at­me­te ich dann im Halb­schlaf 7 wei­te­re Wellen. Um Mit­ter­nacht stand ich dann auf, horch­te in mich rein und ver­such­te zu ver­ste­hen, dass es heute wirk­lich los­ge­hen würde, ver­at­me­te wei­te­re Wellen, spa­zier­te im Haus umher, denn in den eige­nen vier Wänden konnte ich mich ein­fach völlig frei ent­fal­ten und fühlte mich so wohl. Ich beschloss, meinen Mann zu wecken, denn wir hatten auch dieses Mal eine Foto- und Video­gra­fin für die Geburt orga­ni­siert, die diese schöne Erin­ne­rung für uns ein­fan­gen würde. Er rief sie an, um ihr Bescheid zu geben, dass es heute los­ge­hen könnte, wir uns aber auf­grund der Unre­gel­mä­ßig­keit der Wellen noch nicht ganz sicher waren und sie ggf. in 1-2 Stun­den noch­mal anru­fen würden. Mein Mann baute den Geburts-Pool auf und ich ging in der Zwi­schen­zeit ins Bade­zim­mer, ach­te­te auf wei­te­re Geburts­be­ginn-Anzei­chen, machte mich fertig und ver­at­me­te wei­te­re Wellen, die sich sehr leicht und gut anfühl­ten. Danach spa­zier­te ich weiter durch das Haus und blieb in Bewe­gung, das fühlte sich zu dem Zeit­punkt am besten für mein Wohl­be­fin­den an. Gegen 2 Uhr kam die Foto­gra­fin, wir begrüß­ten sie, quatsch­ten noch ein wenig und boten Snacks und Geträn­ke an, ehe sie mit ihrer Arbeit begann. Ich war immer noch nicht im Pool. Die Bewe­gun­gen taten mir gut und ver­hin­der­ten, dass ich mich müde fühlte. Ich kann Müdig­keit gut weg ste­cken, wenn ich in Bewe­gung bleibe und mich ablen­ke. Bis ca. 3 Uhr nachts ging das alles total gut, dann aber wollte ich so lang­sam in den Pool stei­gen, denn ich wollte auch dieses Mal gern eine Was­ser­ge­burt erle­ben. Im warmen Wasser konnte ich zur Ruhe kommen und zwi­schen den Wellen noch­mal die Augen zu machen. Das Wasser war mir aber etwas zu kalt, obwohl die Tem­pe­ra­tur zwi­schen 36 und 37 Grad lag. Da ich aber nor­ma­ler­wei­se immer wärmer bade, kam es mir so kalt vor. Ich konnte bei der Tem­pe­ra­tur daher nicht wirk­lich ent­span­nen. Ich fühlte mich, als ob ich ver­kramp­fen würde in dem für mich zu kalten Wasser. Mein Mann erwärm­te den Pool dann mit heißen Töpfen, da in unse­rem Was­ser­boi­ler nachts nach dem Auf­fül­len des Geburts-Pools kein Warm­was­ser mehr drin war. Er konnte mir den Pool um ein paar Grad wärmer machen, sodass es für mich ange­nehm war. Bis 4 Uhr konnte ich tat­säch­lich zwi­schen den sanf­ten Wellen noch­mal dösen und rich­tig viel Kraft tanken.

Ab 4 Uhr wurde dann alles inten­si­ver, es waren wahn­sin­ni­ge Kräfte, die da auf mich ein­wirk­ten, die abso­lu­te Gebär­kraft, die mir als Frau gege­ben wurde. Ich spürte, dass die Frucht­bla­se immer noch geschlos­sen war. Sie hat mich sehr ein­ge­schränkt. Ich habe wirk­lich einen prall gefüll­ten Ballon gefühlt. Da betete ich, dass sie bitte plat­zen soll und das tat sie als Nächs­tes dann auch. Gott sei Dank, denn ich habe rich­tig gemerkt, wie das Frucht­was­ser wie ein Schwall ins Pool­was­ser geflos­sen ist. Nach diesem Vor­gang wurde alles viel leich­ter. Ich konnte mich wieder voll und ganz auf meine Atmung kon­zen­trie­ren. Ich nahm eine Posi­ti­on ein, in der ich die Wellen gut anneh­men konnte. Dann folgte als Nächs­tes auch schon die Kopf­ge­burt. Bei der ersten Welle in der Aus­tritts­pha­se habe ich nicht mit­ge­scho­ben, son­dern nur meine Atmung ein­ge­setzt. Ich merkte, wie der Kopf sich in Rich­tung Schei­den­aus­gang begab, dann aber wieder zurück­rutsch­te. Ich fühlte mit meiner Hand zwi­schen meine Beine. Dort spürte ich die wei­chen Haare von meinem Baby und die unend­lich weiche Kopf­haut. Das gab mir so einen wahn­sin­ni­gen Kraft­schub. Bei der nächs­ten Welle habe ich dann doch den Impuls gehabt, mit­zu­schie­ben, und der Kopf wurde gebo­ren. Ich war wie bene­belt, diese Urkraft hatte so viel Eupho­rie in mir aus­ge­löst, die ich zuvor noch nie gespürt habe, mir fehlt eine pas­sen­de Beschrei­bung. Dann war erst einmal eine etwas län­ge­re Ver­schnauf­pau­se. Bei der nächs­ten Welle spürte ich eine Dre­hung der Schul­ter und dann schwamm unser Baby ins Wasser. Es war der 19.11.2022 und ich gebar um 4:27 Uhr unser Baby in meine Hände. Es ist ein Junge. Wir waren so fas­zi­niert von seiner Schön­heit und bestaun­ten ihn noch einen kurzen Moment unter Wasser, ehe ich ihn lang­sam raus­hob und auf meine Brust legte. Ich war im Himmel. Da hielt ich end­lich unse­ren klei­nen Mann im Arm. Ich war stolz, erleich­tert und ver­liebt. Der Kleine war ganz ruhig, was mich über­haupt nicht ver­un­si­cher­te. Er wurde ein­fach nur ganz fried­lich auf unsere Welt geholt und genoss es, auf meiner Brust zu liegen. Mein Mann und ich waren beide sehr glück­lich, auch wenn das Wort nicht beschreibt, was wir wirk­lich fühl­ten – eine Art drei­fa­cher Ein­heit. Und trotz­dem waren wir auch immer noch ganz auf­ge­regt, weil uns gerade etwas so Wun­der­vol­les wider­fah­ren war. Ich weiß nicht, wie viel Zeit ver­ging, da machte er seinen ersten Atem­zug. Danach folgte sein erster Schrei und ich legte ihn zum Stil­len an. Nach eini­ger Zeit ging ich mit dem Klei­nen auf die Couch und still­te weiter, um die Geburt der Pla­zen­ta zu för­dern. Diese kam dann ganz ohne Zeit­druck nach einer Stunde und fünf­zehn Minu­ten Stil­len und Kuscheln. Wir durch­trenn­ten auch bei dieser Geburt die Nabel­schnur nicht, da wir uns erneut für eine natür­li­che Abna­be­lung ent­schie­den haben. Die ganze Zeit über war ich so wun­der­voll umsorgt und gebor­gen! Mein Mann stand mir die ganze Zeit bei und küm­mer­te sich so gut um mich und mein Wohl­be­fin­den. Diese Atmo­sphä­re nach der Geburt war so per­fekt und ich bin so unfass­bar dank­bar dafür. Es fühlte sich ein­fach alles so stim­mig an. Unser wun­der­vol­ler Sohn war gesund und munter und brach­te stolze 4270 Gramm auf die Waage, bei einer Länge von 56 cm und einem Kopf­um­fang von 37 cm. Wie über­wäl­ti­gend es wieder war, dieses Wunder zu erle­ben! Diesen so lang ersehn­ten, wun­der­schö­nen und kern­ge­sun­den Men­schen end­lich im Arm halten zu können. Und obwohl ich zu dem Zeit­punkt schon rund 22 Stun­den mehr oder weni­ger wach war, war ich plötz­lich voller Ener­gie. Als unsere 4 Kinder Lean­dro (7,5), Elario (6), Eliana (4,5) und Matteo (2,5) kurze Zeit später auf­wach­ten, über­rasch­ten wir sie mit unse­rem neuen Fami­li­en­mit­glied. Es war der per­fek­te Start in den Tag für uns alle. Gemein­sam ent­schie­den wir uns für einen Namen und nann­ten unse­ren Jungen Alano, was „der Fels“ bedeu­tet. Als sich nach drei Tagen die Nabel­schnur von Alano löste, legten wir die Pla­zen­ta eines Tages bei Son­nen­auf­gang auf einen Felsen in den Bergen Koso­vos.

Es war eine unglaub­lich schöne Geburts­rei­se und sie hat mir mal wieder gezeigt, dass ich alles schaf­fen kann. Ich bin Gott so dank­bar dafür, dass ich diese so tief in der Mensch­heit ver­an­ker­te Erfah­rung der Mut­ter­schaft so erfül­lend erle­ben durfte. Es ist und bleibt eines der span­nends­ten Aben­teu­er des Lebens.

 

Geschrie­ben von Laura Gashi, Grün­de­rin von Natur­Kul­tur – natu­ral birth & health

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